Morgensterne
Winde wehen, und manchmal scheint es,
Weh'n sie gerade ins Gesicht
Ein Schritt vorwärts ist so schwierig,
Spür ich meiner Last Gewicht.
Seh ich vor mir meine Ziele
In der Ferne, schwer zu seh'n
Weiß ich, was ich jemals schaffe?
Kaum nur eins, muss ich gesteh'n.
Uhren drehen sich viel schneller,
Heiß und Kalt wird ein Gefühl
Weihnacht, Ostern, Pfingsten, Sterben,
Scheint auf einmal nur Kalkül.
Und die heiße Glut der Liebe
früher mächtig, voll Gefahr,
Ist getroffen von Verlusten,
Ist mein Lachen nicht mehr wahr?
All die Freunde, die ich kenne,
Kenne ich ihr wahres Sein?
Bin ich Pflicht nur oder Freude,
Ein Vertrauter oder Pein?
Früher hatt' ich große Träume,
Darin war stets ich der Held,
Heute sorg' ich mich um Morgen
Lang schon nicht mehr um die Welt.
Selbst die Wahrheit, die ich glaube,
selbst mein Gott ist lahm und trist.
Reden schwingen tu ich munter,
aber was dahinter ist?
Diese Welt ist nicht nur einfach,
Und ich fürchte die Gewalt,
Daher binde ich mich selber
Und nur darum werd' ich alt.
Was dann bleibt, ist nur noch Leere
Dunkelheit und schwarze Nacht
Keine Sehnsucht, keine Schmerzen,
Niemand, der noch weint und lacht.
Aber siehst Du, in der Ferne,
siehst Du dort das schwach Licht,
und das zweite, es sind Sterne,
Wie sie funkeln im Gedicht.
Wie sie strahlen, wie sie scheinen,
Ich greif zu und fang sie ein!
Ah, sie prickeln, selbst die Kleinen,
voller Leben, voller Sein.
Folge ihnen, folg den Sternen,
Flieg mit ihnen und dem Wind.
Lache, heule, schreie, krähe,
Bleib ja selber stets ein Kind.
Dudweiler, 2000